Rubens Einfluss auf die Moderne und mich
Freilich mag der Titel dieses Betrags – Rubens Einfluss auf die Moderne und mich – anmaßend klingen.
Jedoch ist es für jeden in unserer Zunft wichtig, sich an Größerem zu messen und deshalb ist es gerade nicht vermessen, über Rubens Einfluss auf die Moderne und mich nachzudenken. Denn schnell wird man selbstgefällig und radelt langweilig im Kreise herum.
Damals, als ich mit Paul Uwe Dietzsch den Zyklus „In Spirit of Rubens“ begann, also in den 1989 Jahren, war ich jung und musste mich an Größerem messen.
Nicht in einer arroganten Form und hochgemut, aber doch selbstbewusst genug um den großen Meister nicht zu scheuen. Denn damals wie heute kam vieles schreiend daher und eine Ausstellung mit dem Titel Bilderstreit, die eigentlich ein Bilderschutzprogramm für Markenkünstlern war, regte nicht nur mich auf. Petra Kipphof schrieb dazu einen erhellenden Artikel in der Zeit. Die Bilder schlagen zurück.
Nächtens, nach einem langen Abend mit viel Kölsch im Anschluss an einen mühsamen Tag auf der ART-Cologne, kam mir die Idee und die Frage wie sieht es aus mit Rubens Einfluss auf die Moderne und mich.
Ich klingelte meinen Freund den Restaurator Paul Uwe Dietzsch aus dem Bett, er sagte nach kurzem Zögern zu und nun gab es kein zurück mehr.
Die Grundidee des Projekts „In Spirit of Rubens“ war lediglich eine Gegenüberstellung. Also in diesem Fall eine Rubenskopie der Töchter des Leukippos und einer Variation, die ich zu malen hatte. Dabei geschah das, was geschehen musste. Denn ich hielt mich einmal mehr nicht stoisch an die eigene Vorgabe. Also wurde mein Bild ein Höllensturz da mich Höllenstürze zu dieser Zeit ohnehin und bis heute besonders interessieren.
Obwohl die Vorzeichnung nach der Rubens gemacht war, lief es anders. Ich neigte zum Abstrahieren und blieb doch immer beim organischen Gegenstand.
Kurzum ich glitt ab. Dies war aber nicht schlimm, denn auch abstrakte Bilder können viel mit Rubens zu tun haben. Alle waren, zu allen Zeiten, irgendwie von ihm inspiriert, auch wenn sie Rubens gern beschimpften. Hanno Rautenberg hat in der Zeit erhellend darüber geschrieben.
Da Paul allein viel Arbeit mit der überdimensionalen Kopie der Töchter des Leukippos hatte, besuchte ich ihn in seinem Atelier bei Worpswede.
Um uns in die Materie einzuarbeiten, entstanden damals eine Reihe von Studien. Darunter auch einige auf abgenommen Duplierleinwänden. Die Verwendung dieses Materials hatte einen inneren Zusammenhang. Obwohl wir diese, wegen ihres ästhetischen Reizes benutzten, hatte sie mehr in sich. Denn diese Leinwände hatten ordentlich Zeit in sich aufgesogen. Um die einhundert Jahre wurden damit Altarbilder stabilisiert, und hätten durchaus aus der Rubenszeit stammen können. Paul hatte diese zum restaurieren in seiner Werkstatt.
Eine Doublierleinwand wird auf den vorhandenen Bildträger von hinten aufgebracht, um die nach ca. hundert Jahren morsche, Originalleinwand zu stabilisieren.
Also alle hundert Jahre wiederholt sich dieser Prozess und es bleibt eine leicht lädierte Leinwand als Abfall übrig. Stockfleckig und mit den Spuren der Zeit.
Nicht nur das geschah. Wir verfielen in einen regelrechten Rubensrausch. Versuchten uns noch an einer Serie von „Das Pelzchen“ nach dem berühmten Rubensbild seiner jungen Frau aus dem kunsthistorischen Museum Wien. Die Frage – Rubens Einfluss auf die Moderne und mich erweiterte sich auf uns und vor allem auf die Fertigkeiten meines Freudes Paul-Uwe, der als Restaurator jede Technik beherrschte.
Wir experimentierten mit klassischen Techniken und mischten moderne wild hinein. Auch damals interessierte ich mich für Maltechniken, wie ich es auch auf dem Blog im Artiken – Wie male ich mit Ölfarbe in alter Technik – beschreibe.
Letztendlich stellten wir das Projekt auf der Kölner Messe vor und konnten es danach im Kunstverein der Rubensstadt zeigen, in dem ich in 2016 die Ausstellung „Jüngster Friede hatte. Seit dem ist das Projekt „In Spirit of Rubens“ noch einige Male gezeigt wurden und verteilte sich langsam über das Land.
Nach diesem Projekt und einem großen Höllensturz, den ich – im Auftrag – in Zürich malte, verschwand die Gegenständlichkeit in meiner Malerei immer mehr.
Das hieß aber nicht für immer. Nach einer Zeit des rauschhaften Malens kam die Rückbesinnung auf die Figur. Zaghaft schälte sie sich aus den Farbschichten, um letztendlich wieder die Oberhand zu gewinnen. Inzwischen ist die Opulenz meiner dargestellten Leiber einer eher klassizistischen Auffassung gewichen. Meine stilistischen Bocksprünge können Sie auf der Homepage des Schreibers nachvollziehen.
Ob der Pilz, der Schmetterling oder gar die Mohrrübe am Ende gewinnt, sei dahingestellt. Alte Materialien faszinieren mich jedoch immer wieder wie zuletzt auch im Zyklus „Zeitmaschine“.